Im Jahr 1978, nach dem Ende der faschistischen Francodiktatur, erhielt Spanien eine neue, demokratische Verfassung. Seit Juni 1977 gab es über die folgenden Jahrzehnte sieben Ministerpräsidenten, die vom Abgeordnetenkongress eingesetzt und vom spanischen König formal ernannt wurden. Der aktuelle Regierungschef ist Pedro Sánchez (Partei: PSOE). Seine Amtsvorgänger waren:
- Adolfo Suárez (Partei: UCD)
- Leopoldo Calvo-Sotelo (Partei: UCD)
- Felipe González (Partei: PSOE)
- José María Aznar (Partei: PP)
- José Luis Zapatero (Partei: PSOE)
- Mariano Rajoy (Partei: PP)
Adolfo Suárez González
(1977–1981)

Am 15. Juni 1977 wählte Spanien zum ersten Mal seit 1936 in freien allgemeinen Wahlen. Suárez gewann sie an der Spitze eines Wahlbündnisses konservativ-liberaler Ausrichtung, das sich Unión de Centro Democrático (UCD) nannte. Trotz seiner Wiederwahl 1979 trat Suárez bereits am 29. Januar 1981 wegen großer wirtschaftlicher, sozialer und politischer Probleme des Landes und parteiinterner Grabenkämpfe als Regierungschef zurück. Als Nachfolger schlug er seinen Parteigenossen Leopoldo Calvo-Sotelo vor.
Adolfo Suárez verstarb 2014 im Alter von 81 Jahren in Madrid an einer Infektion der Atemwege.
Leopoldo Calvo-Sotelo
(1981–1982)

Zunächst zur Namenseinordnung: Leopoldo Calvo-Sotelos Vater war der Schriftsteller Leopoldo Calvo Sotelo. Der 1936 ermordete Politiker der Rechten, José Calvo Sotelo, war sein Onkel.
Calvo-Sotelo sollte am 23. Februar 1981 zum Ministerpräsidenten gewählt werden. Doch die Wahl wurde von einem Putschversuch des Oberstleutnants Antonio Tejero unterbrochen, der letztlich jedoch scheiterte. Zwei Tage danach gewann Calvo-Sotelo die Parlamentsabstimmung. In seine Amtszeit fiel der Beitritt Spaniens zur NATO im Mai 1982. Doch nach einer parteiinternen Spaltung wurden erneut Neuwahlen nötig. Im Dezember 1982 scheiterte die UCD an einer krachenden Niederlage und dem Verlust von 156 Parlamentssitzen.
Leopoldo Calvo-Sotelo verstarb 2008 im Alter von 82 Jahren in Pozuelo de Alarcón bei Madrid an einem Herz- und Atemstillstand.
Felipe González Márquez
(1982–1996)

Felipe González war seit 1962 Mitglied der Partido Socialista Obrero Español (PSOE) | Spanischen Sozialistischen Arbeiterpartei. Nach dem Erdrutschsieg der Linken am 28. Oktober 1982 – González erhielt unvorstellbare 48 % aller Wählerstimmen – kehrte erstmals eine Periode der politischen Stabilität in die junge spanische Demokratie ein. Der spanische Willy Brandt führte die Regierung vier Wahlperioden lang, bis er schließlich wegen erdrückender wirtschaftlicher Probleme (Wertverlust der Peseta gegenüber der D-Mark: 49 %; Arbeitslosenquote: 25 %) in der Wahl am 3. März 1996 vom Spitzenkandidaten der konservativen Partido Popular (PP), José María Aznar, abgelöst wurde.
Auch wenn man sich immer gerne schwerpunktmäßig an das Ende politischer Führungsfiguren erinnert – die Wirtschaftskrise hieß bei den Spaniern La crisis de Felipe –, so bleibt doch unbestreitbar, dass erst González das Land in eine moderne Demokratie verwandelt hat. In seiner Amtszeit bekam Spanien eine 40-Stunden-Arbeitswoche sowie die Schulpflicht bescherte, es wurde mit Gesundheitswesen und einer funktionierenden Sozialversicherung ausgestattet.
José María Alfredo Aznar López
(1996–2004)

Die Wahl Aznars im März 1996 löste bei liberalen und linken Spaniern Entsetzen aus. Schon früh hatte sich der Politiker in rechtsextremen, faschistischen Bewegungen engagiert, etwa der Falange Española. In seinen Reden hatte sich Aznar damals klar gegen eine Demokratisierung Spaniens ausgesprochen.
Doch zunächst gelang es dem konservativen Politiker, die Staatsfinanzen zu sanieren und das Wirtschaftswachstum zu fördern. Ebenfalls auf seiner Fahne standen der Kampf gegen die ETA und eine enge Partnerschaft mit der US-amerikanischen Bush-Regierung. Während seiner Amtszeit wurde die Wehrpflicht ausgesetzt, die Streitkräfte wurden zur Berufsarmee.
Besonders während seiner zweiten Amtszeit war Aznar in eine Reihe von politischen Skandalen verwickelt. Er kandidierte 2004 nicht mehr, sondern schlug Mariano Rajoy als Nachfolger vor.
José Luis Rodríguez Zapatero
(2004–2011)

Aznars Lieblingskandidat schaffte es allerdings nicht in den Parlamentswahlen 2004. Am 14. März gewann überraschend die PSOE mit ihrem Spitzenkandidaten José Luis Zapatero. Sie verpassten nur knapp die absolute Mehrheit.
Unter Zapateros Ägide löste sich das Land aus der engen Umarmung mit den USA, es kam zum Truppenabzug Spaniens aus dem Irak. Andererseits engagierte sich Zapatero in der Zusammenarbeit mit dem EU-Rat. Auch versuchte er sich an Friedensverhandlungen mit der baskischen Terrororganisation ETA. In seiner Amtszeit kam es zur Aufarbeitung der Francodiktatur und zur Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe – 2005 war Spanien nach den Niederlanden und Belgien das dritte europäische Land, das die Ehe für alle legalisierte, zwölf Jahre vor Deutschland.
Zapateros zweite Amtszeit erwies sich als weniger innovativ. 2008 platzte die spanische Immobilienblase und fiel auch noch zusammen mit der weltweiten Wirtschaftskrise. Die Bauwirtschaft brach ein, der Regierung blieb nichts anderes übrig, als Sozialleistungen zu kürzen. Im November 2011 fanden vorgezogene Parlamentswahlen statt. Die linke Regierung wurde erneut vom Partido Popular (PP), den rechten Konservativen abgelöst.
Mariano Rajoy Brey
(2011–2018)

Also wählte das spanische Parlament am 20. Dezember 2011 den PP-Politiker Mariano Rajoy zum neuen Ministerpräsidenten. Er setzte eine rigide Sparpolitik durch, mit drastischen Reformen auf dem Arbeitsmarkt und im Gesundheits- und Bildungsbereich. Im Frühjahr 2012 kam es in der Folge zu einem Generalstreik. Doch Rajoy und seinem Wirtschaftsminister gelang die Steigerung von Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität der spanischen Wirtschaft. Sie erreichten damit letztlich einen Rückgang der Arbeitslosigkeit und das höchste Wirtschaftswachstum in der Euro-Zone.
Trotzdem erreichte Rajoy in den Parlamentswahlen 2015 nur mehr eine einfach Mehrheit. Die Bildung einer Regierungskoalition gelang ihm zunächst nicht, doch nach einer erneuten Wahl im Jahr 2016 brachte er nach zähem Ringen durch Stimmenthaltungen und Unterstützung kleinerer Oppositionsparteien eine Minderheitsregierung zustande. Doch bereits im Juni 2018 kam es – insbesondere in der Folge eines dramatischen Korruptions- und Parteispendenskandals (el caso Gürtel | die Gürtel-Affaire) – zu einem Misstrauensvotum gegen Rajoy. Er wurde abgewählt.
Pedro Sánchez Pérez-Castejón
(seit 2018)

Nachdem sich Pedro Sánchez in den Wirren um die Regierungsbildung 2015 und 2016 nicht durchsetzen konnte, wurde er schließlich am 1. Juni 2018, erstmals in der Geschichte des spanischen Parlamentarismus, per Misstrauensvotum zum Ministerpräsidenten von Spanien gewählt. Seine Regierung der Partido Socialista Obrero Español (PSOE) | Spanischen Sozialistischen Arbeiterpartei ist jedoch auf die Duldung gleich durch mehrere linke und separatistische Parteien angewiesen.
Das macht die Sache nicht leicht für den Madrilenen. Die konservative Partei Partido Popular und die aus ihr hervorgegangenen rechtspopulistische bis rechtsextreme Partei Vox hetzen gegen Sánchez‘ Sexualrechtsreform und gegen seinen Versuch einer politischen Einigung mit den Regionalseparatisten aus Katalonien. In vorgezogenen Parlamentswahlen konnte sich Sánchez noch einmal behaupten. Ein Misstrauensvotum der Vox scheiterte.
2023 brachte zwar den knappen Wahlsieg der Partido Popular unter dem Oppositionsführer Alberto Núñez Feijóo. Doch die Regierungsbildung gelang dem Konservativen nicht, Sánchez blieb im Amt. Das Frühjahr 2024 brachte eine persönliche Krise des Ministerpräsidenten mit sich. Denn seine Ehefrau war wegen Korruptionsverdachts angezeigt worden. Sánchez erwog öffentlich seinen Rücktritt, blieb dann aber doch im Amt.
Wir sind gespannt, wie es weitergeht.
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Hinweis zum Titelbild dieses Beitrags:
Wir sehen auf dem Foto mit Blick aus Norden den Palacio de la Moncloa | den Moncloa-Palast im Madrider Stadteil Moncloa-Aravaca. Hinter dem Palast steht der Rundbau (mit spitzen Zinnen) des Instituto del Patrimonio Cultural de España | Spanischen Kulturinstituts. In der Senke dahinter fließt der Río Manzanares, parallel zur Autobahn M-30. Der Palastbau dient seit 1977 als offizieller Sitz und Wohnort des jeweiligen Regierungschefs. Was also die Downing Street 10 für die Briten darstellt, das ist La Moncloa für Spanien.
La Moncloa liegt etwa fünf Kilometer nordwestlich des Stadtzentrums und damit vom Königspalast und dem Abgeordnetenkongress entfernt. Auf dem Gebiet des Moncloakomplexes lagen im siebzehnten Jahrhundert noch zwei Landgüter. 1660 wurde dort ein kleines Schloss errichter, der Palacete de Moncloa. Das Schlösschen wurde im Laufe des Bürgerkriegs zerstört und um 1950 an seiner Stelle der heutige Palacio de la Moncloa errichtet. Ein Vierteljahrhundert lang wurde der Palast als Gästehaus für hochrangige Staatsgäste genutzt. Heute liegen im Obergeschoß des Gebäudes die Privatgemächer der Familie des jeweiligen Regierungspräsidenten.
@ Madrid @ La Moncloa
Bildquelle: Wikimedia Commons, Autor: Flizzz, CC BY-SA 4.0