Hotel El Algarrobico, Carboneras, Almería, Andalucía

A toda Costa

Bausünden an der spanischen Küste

Die Zeiten, in denen man von kilometerlangen, weißen Stränden Spaniens berichten konnte, sind lange vorüber. Die spanische Sektion der Umweltorganisation Greenpeace stellt mit alljährlicher Unerbittlichkeit ihren Bericht zum Stand der Verschandelung der Küsten vor. Destrucción a toda Costa | „Zerstörung, koste es, was es wolle“ lautet der Titel des Berichtes, der wohl auch ein Wortspiel um die Doppelbedeutung der Vokabel costa | Küste und a costa | auf Kosten darstellt.

Am schrecklichsten verschandelt sind vermutlich Strände auf den Kanarischen Inseln, in Andalusien, Murcia und Valencia; dort wo so viele Touristen unterkommen wollen. In sehr vielen Fällen gehen die Bausünden mit eklatanten Korruptionsfällen einher.

Hotel El Algarrobico

„Kein Bau ist so paradigmatisch wie der Fall des Hotel Algarrobico in Almería, weil es in den Augen der Umweltschutzorganisation das aggressivste Projekt der ganzen spanischen Küste ist und gleichzeitig das Versagen der spanischen Behörden bestens illustriert“, merkte Javier Cacéres in einem SZ-Artikel aus dem Jahr 2010 an. Das Hotel gilt als Symbol der entfesselten Bauwut zu Beginn des Jahrtausends.

Geplant hatte den Hotelbau der Immobilienkonzern Azata del Sol. Obwohl die zuständige Behörde in Madrid bereits 1998 festgestellt hatte, dass der Bauplatz in einer generellen Bauverbotszone an der Küste nahe der Ortschaft Carboneras und darüber hinaus im Naturschutzgebiet Cabo de Gata liegt, erteilte die Gemeinde im Jahr 2001 eine Baugenehmigung. Die Gebühren dafür wurden dem Konzern fast vollständig erlassen. Auch die andalusische Landesregierung segnete den Bebauungsplan zunächst ab. Zwei Jahre später rückten die Bagger an. Das Hotel wurde in einen Steilhang über dem Meer hineingebaut, nur fünfzig Meter von der Wasserlinie entfernt. Mit Pools und Strandgebäuden ist die Anlage nur vierzehn Meter vom Meer entfernt. Das Hotel sollte 21 Stockwerke und 411 Zimmer umfassen.

Ein erster Baustopp wurde 2005 ausgeprochen, jedoch angefochten. Die Arbeiten an der Anlage wurden in rasantem Tempo fortgesetzt. Im Jahr 2006 wurde schließlich ein finaler Baustopp verfügt. Seither steht direkt am Mittelmeerstrand eine Neubauruine.

Es folgte eine juristische Schlacht ohnegleichen. Das Oberste Gericht Andalusiens in Granada verhängte 2012 eine Abrissverfügung. Eine Regionalgerichtskammer fällte zwei Jahre danach ein entgegengesetztes Urteil mit der Begründung, zunächst müsse die Baubewilligung der Gemeinde förmlich zurückgezogen werden. 2016 entschied ein Gericht in Madrid, die Regionalgerichtskammer sei gar nicht zuständig gewesen, das zweite Urteil sei nichtig.

Von der Provinzhauptstadt Almería aus erreicht man in einer knappen Autostunde in Richtung Osten über die A-7 und N-341 die Playa del Algarróbico an der Mündung des Río Carboneras. Dort steht bis zum heutigen Tag das geisterhafte Hotelskelett. Rückbaukosten in Millionenhöhe und mangelnder Wille der Regionalbehörden haben den Abriss des Mahnmals bislang verhindert. Inzwischen haben Einheiten der spanischen Armee in der Ruine den Häuserkampf geübt.


Quellenangaben: